Ein Erbschein ist nicht in jedem Fall notwendig, wenn man eine geerbte Immobilie verkaufen möchte.
Dennoch gibt es Umstände, unter denen es erforderlich ist, das Dokument doch zu beantragen.
Was ist ein Erbschein?
Der Erbschein ist ein behördlich ausgestelltes Dokument, welches die Erbberechtigung und den Anteil des Erbes einer Person bestätigt.
Erbschein kompakt
Einfach ausgedrückt handelt es sich beim Erbschein um einen offiziellen Nachweis, der belegt, dass man tatsächlich der Erbe ist.
Dieser wird immer dann benötigt, wenn sich ein Erbe ausweisen muss und kein Erbvertrag oder notariell beglaubigtes Testament vorliegt.
Der Nachweis kann für offizielle Stellen, wie Ämter, Banken oder Versicherungen sein.
Auch Grundbuchämter können unter bestimmten Umständen einen Erbschein verlangen.
Gesetzliche Grundlage
Für die Ausstellung ist das Nachlassgericht zuständig (§ 2353).
Üblicherweise handelt es sich dabei um das Amtsgericht am letzten Wohnsitz der verstorbenen Person (§ 343 FamFG).
Wann ein Erbschein bei Immobilien nicht notwendig ist
Wenn man ein Grundstück oder eine Immobilie erbt, muss der Eintrag im Grundbuch angepasst werden.
Das bedeutet, dass der verstorbene Eigentümer aus dem Grundbuch gelöscht und der neue Eigentümer, also der Erbe, eingetragen wird.
Voraussetzung für den Verkauf einer Immobilie ohne Erbschein ist dabei die richtige Form des Testaments.
Makler benötigen üblicherweise als Nachweis ein Testament mit Eröffnungsprotokoll.
Liegt ein privates Testament vor, kann das Grundbuchamt gemäß § 35 Abs. 1 der Grundbuchordnung einen Erbschein verlangen.
Das gilt auch für andere Gründe, die einer eindeutigen Klärung der Erbverhältnisse im Wege stehen.
In diesen Fällen ist es nicht möglich das Erbe ohne einen Erbschein anzutreten!
Kein Erbschein notwendig
Geht die Immobilie mit einem notariellen Testament auf die Erben über, ist ein Erbschein meistens nicht zwingend notwendig.
Das Testament an sich reicht aus, um die Position der Erben gegenüber dem Grundbuchamt zu bestätigen.
Notarielles Testament
Ein notarielles Testament (auch: öffentliches Testament) ist eine schriftliche Vereinbarung, in der eine Person festhalten lässt, wer nach dem Tod ihr Eigentum erben soll.
Die Anwesenheit eines Notars unterscheidet es von anderen Formen des Testaments.
Er stellt sicher, dass der Inhalt des Testaments korrekt und rechtsgültig ist.
Somit kann ein notarielles Testament dazu beitragen, mögliche rechtliche Herausforderungen in der Zukunft zu minimieren.
Dazu zählt auch die Notwendigkeit eines Erbscheines, sofern eine oder mehrere Immobilien geerbt wurden.
Hat der Verstorbene eine Vollmacht auf den Todesfall ausgestellt oder eine Vollmacht, die über den Tod hinaus wirksam ist, kann dieses Dokument gegebenenfalls den Erbschein ersetzen.
Immobilie vererben ohne Erbschein
Wer eine Immobilie vererben möchte, ohne seine Nachlassempfänger mit der Beantragung eines Erbscheines zu belasten, kann sich bei einem Notar oder Anwalt über Möglichkeiten zur rechtskräftigen Erstellung eines Testaments informieren.
Geerbte Immobilie sofort verkaufen — Ohne Erbschein?
Möchten die Erben die geerbte Immobilie sofort veräußern, muss das Grundbuch nicht unmittelbar geändert werden.
Sofortiger Verkauf
Die neuen Eigentümer können sich direkt ins Grundbuch eintragen lassen und die Erben müssen keinen Erbschein vorlegen, um die Immobilie zu verkaufen.
Ein entsprechendes Vorgehen wurde in einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. März 2021 bestätigt.
Allerdings sollte man auf Folgendes achten:
- Das Erbe muss rechtskräftig nachgewiesen werden
- Den Antrag auf Grundbuchberichtigung können Erben innerhalb von zwei Jahren gebührenfrei stellen
- Auch wenn die Immobilie zeitnah verkauft wird, ist es sinnvoll das Grundbuchamt zu informieren
Was steht in einem Erbschein?
In einem Erbschein ist der Erbe aufgeführt und falls es eine Erbengemeinschaft gibt, der Anteil der Miterben an der Hinterlassenschaft.
Weiterhin umfasst er auch die Beschränkungen des Erbrechts.
Das heißt, der Erbschein kann auch die Anordnung der Testamentsvollstreckung, sowie der Vor- und Nacherbschaft enthalten.
Gut informieren
Es ist wichtig, sich vor der Beantragung des Erbscheins gut zu informieren.
Einmal gestellt, gilt das Erbe als angenommen und kann nicht mehr ausgeschlagen werden!
Im Zweifelsfall sollte man folglich eine Rechtsberatung in Anspruch nehmen und abklären, ob ein Erbschein tatsächlich notwendig ist.
Erbschein beantragen — So geht es
Wer eine Immobilie geerbt hat und einen Erbschein als Nachweis braucht, wendet sich am besten an das zuständige Nachlassgericht.
Dabei handelt es sich um das Amtsgericht am letzten Wohnsitz des Verstorbenen.
In Baden-Württemberg kann ein Erbschein auch von einem staatlichen Notar ausgestellt werden.
Viele Amtsgerichte stellen Vordrucke und ausführliches Informationsmaterial zum Beantragen von Erbscheinen online zur Verfügung.
Üblicherweise werden folgende Unterlagen für die Beantragung eines Erbscheins benötigt:
- Antragsformular: Meistens bei der zuständigen Stelle online erhältlich
- Sterbeurkunde des Verstorbenen: Kopie der Sterbeurkunde bestätigt den Erbfall
- Geburtsurkunden der Erben: Beleg der Berechtigung als Erben
- Familienstammbuch oder Heiratsurkunde: Kann notwendig sein, um die rechtliche Bindung zum Verstorbenen nachzuweisen
- Testament: Wenn es ein Testament gibt, muss das Original oder eine notariell beglaubigte Abschrift vorgelegt werden
- Erklärung Erbfolge: Enthält Angaben dazu wer die Erben sind und welchen Anteil sie am Nachlass haben
- Angaben zum Nachlass: Liste aller Vermögenswerte, Schulden und Verbindlichkeiten
Kosten für einen Erbschein beim Immobilienverkauf
Das Beantragen eines Erbscheins ist immer mit Kosten verbunden, die mit einkalkuliert werden müssen, wenn eine geerbte Immobilie verkauft wird.
Die Kosten können je nach Wert des Nachlasses variieren.
Werte zur Orientierung
Einen Überblick bezüglich der Kosten, die bei verschiedenen Geschäftswerten erhoben werden, gibt das Gerichts- und Notarkostengesetz.
Entsprechende Tabelle ist beim Bundesamt für Justiz einsehbar.
Weiterhin erhebt das Nachlassgericht in der Regel eine Gebühr für die Ausstellung des Erbscheins an sich.
Zusätzliche Kosten können entstehen, wenn für die Ausstellung benötigte Dokumente übersetzt, beglaubigt oder erst beschafft werden müssen.
Auch kann eine mit Reisekosten und Auslagen verbundene Anreise vonnöten sein, um die Angelegenheiten des Verstorbenen dahingehend zu klären, dass ein Erbschein beantragt werden kann.
Realistische Einschätzung
Um sich ein realistisches Bild von allen möglichen Kostenfaktoren zu machen und genaue Informationen über die anfallenden Gebühren zu erhalten, ist es ratsam, sich an das zuständige Nachlassgericht oder einen Rechtsanwalt zu wenden.
Arten von Erbscheinen
Da jeder Fall anders ist, gibt es zahlreiche Arten von Erbscheinen, um die jeweils spezifische Situation ordnungsgemäß und rechtlich korrekt zu regeln.
Beispiele für Erbscheine sind:
- Alleinerbschein: Eine einzelne Person erbt den gesamten Nachlass
- Teilerbschein: Dokumentiert den Erbteil eines Miterben
- Gläubiger-Erbschein: Kann von Gläubigern eines Verstorbenen beantragt werden
- Gegenständlich beschränkter Erbschein: Bezieht sich auf in Deutschland befindlichen Nachlass
- Gemeinsamer Erbschein: Bekommen alle Erben einer Erbengemeinschaft
Die richtige Entscheidung
Welcher Erbschein die notwendigen rechtlichen Anforderungen erfüllt, hängt von den Umständen der Erbschaft ab und kann mit Hilfe einer fachkundigen Beratung entschieden werden.
Unser Fazit
Ob eine Immobilie mit oder ohne Erbschein verkauft werden kann, kommt auf verschiedene Faktoren an.
Dazu zählen das Erbverhältnis, das Vorhandensein eines Testaments und seine Rechtskräftigkeit vor dem Grundbuchamt.
Um die Notwendigkeit eines Erbscheines zu klären, sollten alle relevanten Dokumente sorgfältig überprüft werden.
Da die Beantragung eines Erbscheines mit erheblichen Kosten verbunden sein kann, ist es entscheidend festzustellen, welche Arten von Nachweisen notwendig sind, um den Verkauf der geerbten Immobilie erfolgreich durchführen zu können und rechtliche Komplikationen zu vermeiden.
Grundsätzlich ist es also möglich, eine Immobilie zu verkaufen, ohne einen Erbschein zu beantragen, jedoch muss im Vorfeld geklärt werden, ob alle rechtlichen Aspekte erfüllt sind.
Hinweis
Die hier bereitgestellten Informationen stellen keine rechtliche Beratung dar und ersetzen nicht die Konsultation eines qualifizierten Rechtsanwalts oder Notars.