Autor: Marcel König
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Ein Erbschein ist nicht in jedem Fall notwendig, wenn man eine geerbte Immobilie verkaufen möchte.

Dennoch gibt es Umstände, unter denen es erfor­der­lich ist, das Dokument doch zu beantragen.

Was ist ein Erbschein?

Der Erbschein ist ein behörd­lich ausge­stelltes Dokument, welches die Erbbe­rech­ti­gung und den Anteil des Erbes einer Person bestätigt.

Erbschein kompakt

Einfach ausge­drückt handelt es sich beim Erbschein um einen offizi­ellen Nachweis, der belegt, dass man tatsäch­lich der Erbe ist.

Dieser wird immer dann benötigt, wenn sich ein Erbe ausweisen muss und kein Erbver­trag oder notariell beglau­bigtes Testa­ment vorliegt.

Der Nachweis kann für offizi­elle Stellen, wie Ämter, Banken oder Versi­che­rungen sein.

Auch Grund­buch­ämter können unter bestimmten Umständen einen Erbschein verlangen.

Gesetz­liche Grundlage

Für die Ausstel­lung ist das Nachlass­ge­richt zuständig (§ 2353).

Üblicher­weise handelt es sich dabei um das Amtsge­richt am letzten Wohnsitz der verstor­benen Person (§ 343 FamFG).

Wann ein Erbschein bei Immobi­lien nicht notwendig ist

Wenn man ein Grund­stück oder eine Immobilie erbt, muss der Eintrag im Grund­buch angepasst werden.

Das bedeutet, dass der verstor­bene Eigen­tümer aus dem Grund­buch gelöscht und der neue Eigen­tümer, also der Erbe, einge­tragen wird.

Voraus­set­zung für den Verkauf einer Immobilie ohne Erbschein ist dabei die richtige Form des Testaments.

Makler benötigen üblicher­weise als Nachweis ein Testa­ment mit Eröff­nungs­pro­to­koll.

Liegt ein privates Testa­ment vor, kann das Grund­buchamt gemäß § 35 Abs. 1 der Grund­buch­ord­nung einen Erbschein verlangen.

Das gilt auch für andere Gründe, die einer eindeu­tigen Klärung der Erbver­hält­nisse im Wege stehen.

In diesen Fällen ist es nicht möglich das Erbe ohne einen Erbschein anzutreten!

Kein Erbschein notwendig

Geht die Immobilie mit einem notari­ellen Testa­ment auf die Erben über, ist ein Erbschein meistens nicht zwingend notwendig.

Das Testa­ment an sich reicht aus, um die Position der Erben gegen­über dem Grund­buchamt zu bestätigen.

Notari­elles Testament

Ein notari­elles Testa­ment (auch: öffent­li­ches Testa­ment) ist eine schrift­liche Verein­ba­rung, in der eine Person festhalten lässt, wer nach dem Tod ihr Eigentum erben soll.

Die Anwesen­heit eines Notars unter­scheidet es von anderen Formen des Testaments.

Er stellt sicher, dass der Inhalt des Testa­ments korrekt und rechts­gültig ist.

Somit kann ein notari­elles Testa­ment dazu beitragen, mögliche recht­liche Heraus­for­de­rungen in der Zukunft zu minimieren.

Dazu zählt auch die Notwen­dig­keit eines Erbscheines, sofern eine oder mehrere Immobi­lien geerbt wurden.

Hat der Verstor­bene eine Vollmacht auf den Todes­fall ausge­stellt oder eine Vollmacht, die über den Tod hinaus wirksam ist, kann dieses Dokument gegebe­nen­falls den Erbschein ersetzen.

Erbschein bei Immobilien

Immobilie vererben ohne Erbschein

Wer eine Immobilie vererben möchte, ohne seine Nachlass­emp­fänger mit der Beantra­gung eines Erbscheines zu belasten, kann sich bei einem Notar oder Anwalt über Möglich­keiten zur rechts­kräf­tigen Erstel­lung eines Testa­ments informieren.

Geerbte Immobilie sofort verkaufen — Ohne Erbschein?

Möchten die Erben die geerbte Immobilie sofort veräu­ßern, muss das Grund­buch nicht unmit­telbar geändert werden.

Sofor­tiger Verkauf

Die neuen Eigen­tümer können sich direkt ins Grund­buch eintragen lassen und die Erben müssen keinen Erbschein vorlegen, um die Immobilie zu verkaufen.

Ein entspre­chendes Vorgehen wurde in einem Urteil des Oberlan­des­ge­richts Düssel­dorf vom 5. März 2021 bestätigt.

Aller­dings sollte man auf Folgendes achten:

  • Das Erbe muss rechts­kräftig nachge­wiesen werden
  • Den Antrag auf Grund­buch­be­rich­ti­gung können Erben inner­halb von zwei Jahren gebüh­ren­frei stellen
  • Auch wenn die Immobilie zeitnah verkauft wird, ist es sinnvoll das Grund­buchamt zu informieren

Was steht in einem Erbschein?

In einem Erbschein ist der Erbe aufge­führt und falls es eine Erben­ge­mein­schaft gibt, der Anteil der Miterben an der Hinterlassenschaft.

Weiterhin umfasst er auch die Beschrän­kungen des Erbrechts.

Das heißt, der Erbschein kann auch die Anord­nung der Testa­ments­voll­stre­ckung, sowie der Vor- und Nacherb­schaft enthalten.

Gut infor­mieren

Es ist wichtig, sich vor der Beantra­gung des Erbscheins gut zu informieren.

Einmal gestellt, gilt das Erbe als angenommen und kann nicht mehr ausge­schlagen werden!

Im Zweifels­fall sollte man folglich eine Rechts­be­ra­tung in Anspruch nehmen und abklären, ob ein Erbschein tatsäch­lich notwendig ist.

Erbschein beantragen — So geht es

Wer eine Immobilie geerbt hat und einen Erbschein als Nachweis braucht, wendet sich am besten an das zustän­dige Nachlassgericht.

Dabei handelt es sich um das Amtsge­richt am letzten Wohnsitz des Verstor­benen.

In Baden-Württem­berg kann ein Erbschein auch von einem staat­li­chen Notar ausge­stellt werden.

Viele Amtsge­richte stellen Vordrucke und ausführ­li­ches Infor­ma­ti­ons­ma­te­rial zum Beantragen von Erbscheinen online zur Verfügung.

Üblicher­weise werden folgende Unter­lagen für die Beantra­gung eines Erbscheins benötigt:

  • Antrags­for­mular: Meistens bei der zustän­digen Stelle online erhältlich
  • Sterbe­ur­kunde des Verstor­benen: Kopie der Sterbe­ur­kunde bestä­tigt den Erbfall
  • Geburts­ur­kunden der Erben: Beleg der Berech­ti­gung als Erben
  • Famili­en­stamm­buch oder Heirats­ur­kunde: Kann notwendig sein, um die recht­liche Bindung zum Verstor­benen nachzuweisen
  • Testa­ment: Wenn es ein Testa­ment gibt, muss das Original oder eine notariell beglau­bigte Abschrift vorge­legt werden
  • Erklä­rung Erbfolge: Enthält Angaben dazu wer die Erben sind und welchen Anteil sie am Nachlass haben
  • Angaben zum Nachlass: Liste aller Vermö­gens­werte, Schulden und Verbindlichkeiten
Erbschein bei Immobilien

Kosten für einen Erbschein beim Immobilienverkauf

Das Beantragen eines Erbscheins ist immer mit Kosten verbunden, die mit einkal­ku­liert werden müssen, wenn eine geerbte Immobilie verkauft wird.

Die Kosten können je nach Wert des Nachlasses variieren.

Werte zur Orientierung

Einen Überblick bezüg­lich der Kosten, die bei verschie­denen Geschäfts­werten erhoben werden, gibt das Gerichts- und Notar­kos­ten­ge­setz.

Entspre­chende Tabelle ist beim Bundesamt für Justiz einsehbar.

Weiterhin erhebt das Nachlass­ge­richt in der Regel eine Gebühr für die Ausstel­lung des Erbscheins an sich.

Zusätz­liche Kosten können entstehen, wenn für die Ausstel­lung benötigte Dokumente übersetzt, beglau­bigt oder erst beschafft werden müssen.

Auch kann eine mit Reise­kosten und Auslagen verbun­dene Anreise vonnöten sein, um die Angele­gen­heiten des Verstor­benen dahin­ge­hend zu klären, dass ein Erbschein beantragt werden kann.

Realis­ti­sche Einschätzung

Um sich ein realis­ti­sches Bild von allen mögli­chen Kosten­fak­toren zu machen und genaue Infor­ma­tionen über die anfal­lenden Gebühren zu erhalten, ist es ratsam, sich an das zustän­dige Nachlass­ge­richt oder einen Rechts­an­walt zu wenden.

Arten von Erbscheinen

Da jeder Fall anders ist, gibt es zahlreiche Arten von Erbscheinen, um die jeweils spezi­fi­sche Situa­tion ordnungs­gemäß und recht­lich korrekt zu regeln.

Beispiele für Erbscheine sind:

  1. Allein­erb­schein: Eine einzelne Person erbt den gesamten Nachlass
  2. Teilerb­schein: Dokumen­tiert den Erbteil eines Miterben
  3. Gläubiger-Erbschein: Kann von Gläubi­gern eines Verstor­benen beantragt werden
  4. Gegen­ständ­lich beschränkter Erbschein: Bezieht sich auf in Deutsch­land befind­li­chen Nachlass
  5. Gemein­samer Erbschein: Bekommen alle Erben einer Erbengemeinschaft

Die richtige Entscheidung

Welcher Erbschein die notwen­digen recht­li­chen Anfor­de­rungen erfüllt, hängt von den Umständen der Erbschaft ab und kann mit Hilfe einer fachkun­digen Beratung entschieden werden.

Unser Fazit

Ob eine Immobilie mit oder ohne Erbschein verkauft werden kann, kommt auf verschie­dene Faktoren an.

Dazu zählen das Erbver­hältnis, das Vorhan­den­sein eines Testa­ments und seine Rechts­kräf­tig­keit vor dem Grundbuchamt.

Um die Notwen­dig­keit eines Erbscheines zu klären, sollten alle relevanten Dokumente sorgfältig überprüft werden.

Da die Beantra­gung eines Erbscheines mit erheb­li­chen Kosten verbunden sein kann, ist es entschei­dend festzu­stellen, welche Arten von Nachweisen notwendig sind, um den Verkauf der geerbten Immobilie erfolg­reich durch­führen zu können und recht­liche Kompli­ka­tionen zu vermeiden.

Grund­sätz­lich ist es also möglich, eine Immobilie zu verkaufen, ohne einen Erbschein zu beantragen, jedoch muss im Vorfeld geklärt werden, ob alle recht­li­chen Aspekte erfüllt sind.

Hinweis

Die hier bereit­ge­stellten Infor­ma­tionen stellen keine recht­liche Beratung dar und ersetzen nicht die Konsul­ta­tion eines quali­fi­zierten Rechts­an­walts oder Notars.

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Über den Autor

Marcel König

Marcel König ist gelernter Immobilienkaufmann und arbeitet in der Vertriebsleitung der Köhl-Jetter Immobilien GmbH.

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